Wann ist Wachstum für ein Unternehmen gesund?
Wachstum ist unbestritten der Wesenskern erfolgreicher Unternehmen. Aber man muss zwischen gesundem und krankem Wachstum unterscheiden. Ein Gastbeitrag von Werner Niederquell, Experte für Strategiesprint.
Wachstum darf nie oberstes Unternehmensziel sein, insbesondere nicht als Wachstum der Umsätze. Wachstumsziele sind nicht als Input für eine Strategie zu sehen, sondern sie sind das Ergebnis, der Output einer richtigen und guten Strategie.
Werner Niederquell, Expterte für Strategiesprint
Neulich unterhielt ich mich mit einem Unternehmer über seine Ziele für dieses Jahr. „Wir wollen wachsen – ich habe 25% Umsatzwachstum als Zielvorgabe“ – das war seine Kernaussage.
Auf meine Frage, wie denn dieses Umsatzwachstum zustande kommen solle, sagte er mir, dass das Unternehmen neue Märkte erschließen wolle, bei gleichzeitiger Sortimentserweiterung. Wir diskutierten dann intensiv und tiefer in die Thematik eingehend, teilweise auch sehr kontrovers über die obersten Unternehmensziele und damit über die Strategie seines Unternehmens.
Gesundes oder krankes Wachstum?
Ob ein Unternehmen wachsen muss, wachsen kann oder nicht mehr wachsen darf, kann ausschließlich anhand strategischer Beurteilungsgrößen bestimmt werden. Hierbei kommt es nicht auf die zu erreichende Größe an, sondern auf die Stärke des Unternehmens, die aber im Gegensatz zur Größe nicht jeder sehen kann.
Ob ein Unternehmen wachsen muss, wachsen kann oder nicht mehr wachsen darf muss strategisch beurteilt werden.
Beurteilen der Wachstumsstärke
Die Stärke und Gesundheit eines Unternehmens ergibt sich aus vier Schlüsselgrößen: der Marktstellung, der Innovationsleistung, den Produktivitäten und der Attraktivität für die richtigen Personen.
Über gesundes Wachstum entscheiden mit den vier Schlüsselgrößen
Die Wachstumsstärke Ihres Unternehmens lässt sich gut und strukturiert mit vier Schlüsselgrößen beruteilen:
- Marktstellung
- Innovationsleistung
- Produktivität
- Attraktivität für die richtigen Menschen
Marktstellung
Gesundes Wachstum durch Umsatzsteigerung muss immer mit der Verbesserung der ersten Schlüsselgröße, der Marktstellung einhergehen. Beurteilungsgrößen sind die relativen Marktanteile, der Kundennutzen und die relative Qualität der Produkte, die Kundenzufriedenheit sowie die Stärkung der Preisposition. Sinkende relative Kosten aufgrund von Erfahrungs- und Lerneffekten gehören ebenfalls zu einer starken Marktstellung.
Innovationsleistung
Die zweite Schlüsselgröße zur Beurteilung gesunden Wachstums ist die permanente Verbesserung der Innovationsleistung nach außen und nach innen. Die Innovationsleistung ist das zuverlässigste Frühwarnsignal für die Beurteilung des langfristigen Erfolges.
Ein Unternehmen, das mit Innovieren aufhört oder dauerhaft nachlässt, mag zwar an Größenwachstum zunehmen, aber es wird nicht stärker, sondern schwächer. Der Abwärtstrend ist dann vorherbestimmt und die Lebensfähigkeit gefährdet. Die Messgrößen sind hier: Innovationsrate, Hit-Flop-Verhältnis, time to Market, Forschungs- und Entwicklungskennziffern (Patente).
Eine nachlassende Innovationsleistung ist nicht sofort in den operativen Zahlen zu sehen. Im Gegenteil können die Gewinne und die Liquidität noch hervorragend sein und darüber hinwegtäuschen, dass versäumt wurde, in zukünftige Erfolgspotenziale zu investieren. Ein Gegensteuern ist dann zeitlich nicht mehr möglich. Die Katastrophe ist vorprogrammiert.
Produktivität
Die dritte Schlüsselgröße ist die Produktivität und zwar in vier Bereichen: die Arbeitsproduktivität, die Kapitalproduktivität, die Produktivität der Zeit und – mit zunehmender Bedeutung – die Produktivität des Wissens. Diese Produktivitäten müssen sich alle gleichermaßen verbessern.
Sinkt die Kapitalproduktivität z.B. durch die Zunahme der Komplexitätskosten, hervorgerufen durch Sortimentserweiterungen oder Ausweitung der Distributionskanäle, zeigt sich das sehr schnell in sinkenden Rentabilitäten (ROI, ROS).
Attraktivität für die richtigen Personen
Schließlich ist für die vierte Schlüsselgröße „Attraktivität für die richtigen Personen“ Antwort auf folgende Fragen zu geben: Haben wir für die Umsetzung unserer Strategie überhaupt die richtigen Mitarbeiter? Welche Personen brauchen wir noch? Fällt es uns schwer, die richtigen Personen zu finden? Was müssen wir tun, um unsere Attraktivität für die richtigen Mitarbeiter zu verbessern? Die relevanten Fragen und Antworten im Bereich der Personalentwicklung und Mitarbeiterförderung sind substanzieller Bestandteil einer guten Strategie und eröffnen erst die Möglichkeiten ihrer Umsetzung und Weiterentwicklung.
Muss ein Unternehmen wachsen und wenn ja, wie?
Die Antwort auf die Frage „Muss sein Unternehmen wachsen und wenn ja, wie?“ hat der Unternehmer durch den Blick auf die vier Schlüsselgrößen für ein gesundes Wachstum für sich klar beantworten können. In einem Strategieteam mit den wichtigsten Schlüsselpersonen des Unternehmens wurde die Ausgangslage neu und robust beurteilt, daraus die richtigen strategischen Schlüsse gezogen und die entsprechenden Ziele und Maßnahmen definiert und in einem Aktionsplan festgelegt.
Quelle: nach malik management Letter 05/2006 u. 03/2011
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