Warum ihr Traum von der Nachfolge platzte
Wei Lina den Familenbetrieb übernehmen wollte, lernte sie Karosseriebau und machte ihren Meister in Fahrzeuglackiererei. Aber dann kam alles anders als geplant.
Lina Höttges schien für den Erfolg prädestiniert: Sie lernte Karosseriebau, machte ihren Meister als Fahrzeuglackiererin und wurde die erste Absolventin des trialen Bachelorstudiengangs Handwerksmanagement an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach.
Rharbarbertalk. Lina und ich
Ich lernte Lina Höttges beim Karriere-Rharbarber ein Podcast-Format der Wirtschaftsförderung Kreis Viersen kennen. Lina beeindruckte mich sofort mit ihrer tiefgehenden Kenntnis des Handwerks und ihrer visionären Denkweise.
Seitdem sind wir stetig in Kontakt geblieben, was mich dazu inspirierte, sie sowohl in mein Buchprojekt einzubeziehen als auch als Gast in meinem Podcast zu begrüßen.
Lina begann ihre Karriere im Familienbetrieb, wo sie fünf Jahre lang wertvolle Erfahrungen sammelte. Als ausgebildete Karosseriebauerin und Meisterin der Fahrzeuglackierung sowie als erste Absolventin des trialen Bachelorstudiengangs Handwerksmanagement hatte sie alle Voraussetzungen, um den Betrieb erfolgreich in die Zukunft zu führen.
Die Tusse schafft das sowiso nicht
Trotz ihrer beeindruckenden Qualifikationen und ihres Engagements stieß sie jedoch auf erheblichen Widerstand, sowohl innerhalb des Betriebs als auch in der breiteren Handwerksgemeinschaft. Die vorherrschenden Vorurteile und das mangelnde Vertrauen in ihre Fähigkeiten, oft verbunden mit ihrem Geschlecht und ihrer jugendlichen Perspektive, wurden in Kommentaren wie „Die Tusse schafft es sowieso nicht“ deutlich.
Konflikt mit dem Großvater und die Überwindung
Der zentrale Konflikt in Linas Geschichte war ihre Beziehung zu ihrem Großvater, dem Gründer und langjährigen Leiter des Familienunternehmens. „Ich liebe meinen Opa, aber als Nachfolgerin wusste ich nicht, wie ich mit ihm umgehen soll“, reflektiert Lina. Ihr Großvater war skeptisch gegenüber neuen Ideen und Technologien, die Lina einführen wollte, und bevorzugte die traditionellen Methoden, mit denen er das Unternehmen aufgebaut hatte. Dies führte zu Spannungen, da Lina sich unverstanden fühlte und ihr Großvater ihre Fähigkeit, das Unternehmen zu führen, anzweifelte. Die fehlende Kommunikation und Wertschätzung ihrer beiderseitigen Sichtweisen erschwerte eine erfolgreiche Übergabe enorm.
Neue Wege nach der gescheiterten Übernahme
Nach der gescheiterten Übernahme gründete Lina die INEUM GmbH, ein Beratungsunternehmen, das Handwerksbetriebe bei der Digitalisierung unterstützt. Hier konnte sie ihre umfassenden Kenntnisse in der Betriebsführung und ihre Leidenschaft für das Handwerk einsetzen. Parallel dazu engagierte sie sich als Dozentin bei der Handwerkskammer Düsseldorf und trat als Referentin auf Wirtschaftsforen auf. Ihre Erfahrungen mit der Betriebsübergabe und die gewonnenen Einsichten flossen auch in ihre Bachelorarbeit und ihr Buch „Betriebsübernahmen im Handwerk – Ausbauen statt vernichten“ ein, das sich mit Konfliktbewältigung bei Betriebsübergaben beschäftigt.
Das Buch und der Podcast
In ihrem Buch Betriebsübernahmen im Handwerk verarbeitet Lina Höttges die Erfahrungen ihrer gescheiterten Nachfolge und bietet wertvolle Erkenntnisse über die Konfliktbewältigung bei Betriebsübergaben. Sie betont die Bedeutung einer offenen Kommunikation, gegenseitigen Vertrauens und tiefgreifender Wertschätzung für eine erfolgreiche Übergabe eines Unternehmens.
Für tiefergehende Einblicke über ihre Erfahrungen und Lösungsansätze schau gern in unseren Podcast, in dem Lina Höttges ausführlich zu diesen Themen spricht. Dies gibt den Hörern nicht nur die Möglichkeit, Linas Geschichte aus erster Hand zu erfahren, sondern auch praktische Ratschläge und Inspiration für eigene Unternehmensübergaben zu erhalten.
Aufbauen statt zerstören – Lina Höttges
Lina’s Tipps für deinen Weg zur ‚aufbauenden‘ Nachfolge:
- Etabliere offene Kommunikation: Sorge dafür, dass jeder offen seine Meinungen und Erwartungen teilen kann. Es ist wichtig, dass alle Stimmen gehört werden.
- Gehe Konflikte konstruktiv an: Lerne, wie du Konflikte effektiv lösen kannst. Verstehen und akzeptieren, dass jede Person eine einzigartige Perspektive hat, kann die Familie zusammenhalten.
- Hole dir externe Beratung: Manchmal braucht man einen neutralen Blick von außen. Externe Berater können uns helfen, die Dinge klarer zu sehen und bieten oft wertvolle Mediation.
- Kläre die Rollen: Es ist entscheidend, dass jeder genau weiß, was von ihm erwartet wird. Klare Rollen und Verantwortlichkeiten helfen, Missverständnisse zu vermeiden und sorgen für einen reibungsloseren Übergang.
- Fördere Weiterbildung und Unterstützung: Investiere in deine eigene Weiterbildung und die deiner Nachfolger. Sowohl fachliche als auch unternehmerische Fähigkeiten sind wichtig, aber vergiss nicht die emotionale Intelligenz – sie ist der Schlüssel zur Führung eines erfolgreichen Familienbetriebs.
Fazit und Empfehlungen
Lina Höttges‘ Geschichte ist ein lehrreiches Beispiel für die Komplexität von Unternehmensnachfolgen und die Notwendigkeit, traditionelle Strukturen zu hinterfragen und neue Wege zu gehen. Ihr Engagement für Bildung und Weiterentwicklung im Handwerk bleibt eine Inspiration für alle, die ähnliche Herausforderungen meistern müssen. Hörern unseres Podcasts bietet sich die einzigartige Gelegenheit, direkt von Lina zu lernen und sich von ihrer Resilienz und Innovationsfreude inspirieren zu lassen.
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